Die Bibel ist voll von Flüchtlingsgeschichten

Ökumenischer Verein feierte 20-jähriges Bestehen
Bildrechte S. Baderschneider (Hersbrucker Zeitung)

Ökumenischer Verein feierte 20-jähriges Bestehen – Dekan Thiessen: "Die politische Welt ist mir fremd geworden" – Engagierte wollen nicht länger schweigen

Zu einem Gottesdienst mit anschließendem Sommerfest im Selneckerhaus hat der Ökumenische Verein Hersbruck alle Helfer und vom Verein betreute Flüchtlinge eingeladen. Zu Gast waren unter anderem Landrat Armin Kroder und 2. Bürgermeister Peter Uschalt. Im Rahmen des Gottesdienstes wurden auch kritische Stimmen laut.

"Freunde, Gäste, Mitbürger...", mit diesen Worten begrüßte der Hersbrucker Dekan Werner Thiessen die in der Stadtkirche zum ökumenischen Gottesdienst versammelte Gemeinde und fügte noch mit Bedacht "Freunde" hinzu. Seit nunmehr 20 Jahren, so führte er aus, kümmert sich der Ökumenische Verein um geflüchtete Menschen, und ebenso lange sorgen ehrenamtliche Helfer dafür, dass Flüchtlinge einen sicheren Platz in Hersbruck finden, dass ihnen geholfen wird, sich in einer ihnen fremden Welt zurechtzufinden.

Dass Helfer in unserer Gesellschaft inzwischen für ihr Engagement angefeindet werden, veranlasste Thiessen zu klaren Worten: "Die politische Welt ist mir fremd geworden. Da stehen Zahlen im Vordergrund, nicht Menschen." Er rief die Gemeinde dazu auf, aufmerksam zu sein und wo es geht Begegnungsmöglichkeiten zu schaffen. Die drei Predigtimpulse von Pfarrer Wunibald Forster, Pastor Wolfgang Rieker und dem Vorsitzenden des ökumenischen Vereins Andreas Richter-Böhne schlossen sich dieser Haltung an. Die Bibel ist voll von Flüchtlingsgeschichten, die bekannteste sicher die der Flucht von Josef und Maria vor Herodes aus dem Evangelium. "Vergesst die Gastfreundschaft nicht!", mahnte Pastor Rieker in diesem Zusammenhang.

"Ich klage an!"

Auch Gemeindemitglieder bekamen Gelegenheit, sich im Rahmen des Gottesdienstes zu äußern. Mit "Ich klage an!" fassten Mitglieder des Vereins ihren Unmut über die Situation in Worte. Dass Flüchtlinge pauschal als gefährlich hingestellt werden, dass Seenotretter als Verbrecher bezeichnet werden,dass immer mehr Waffen in Krisengebiete geliefert werden, dass die Asylpolitik menschenunwürdig ist, dass die Güter dieser Welt ungerecht verteilt sind. Die Kritik ist deutlich, der Unterton zornig – hier meldeten sich Leute zu Wort, die ihre Arbeit und ihr Engagement nie an die große Glocke hängen wollten, die aber auch nicht mehr länger schweigen können. Anlässlich des Jubiläums des Ökumenischen Vereins für Flüchtlinge, Asylsuchende und Migration erschien eine ausführliche Festschrift, die dessen Geschichte beschreibt. In der Festschrift melden sich kirchliche Unterstützer wie Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, der Präsident des Diakonischen Werks und Angela Henke (Ehrenvorsitzende der Caritas) zu Wort, aber auch Vertreter aus der Politik wie Landrat Kroder, Bürgermeister Robert Ilg und Altbürgermeister Wolfgang Plattmeier steuerten Grußworte bei.

Gegründet wurde der Verein, der 1998 die aktive Arbeit mit Flüchtlingen begann, aber schon viel früher. Viele Menschen kamen damals vom Balkan nach Deutschland, aus der Türkei, Vietnam, der Mongolei und auch aus Russland. Seit etwa 2013 kamen überwiegend Flüchtlinge aus Syrien und Irak hinzu.

Im Anschluss an den Gottesdienst begann im Selneckerhaus das gemeinsame Fest von Helfern, Gästen und Flüchtlingen. Die Veranstalter hatten ein buntes internationales Buffet mit süßen und deftigen Speisen organisiert, für musikalische Begleitung sorgte Stadtrat Marcus Seitz mit seiner Band. Für die Kinder standen im Garten Spielstationen und eine Möglichkeit zum Kinderschminken bereit. Das Selneckerhaus füllte sich schnell mit Leben und Saalund Gartenwurdenzueng,um den Andrang zu bewältigen.

Gebet um Frieden

Zum Abschluss gestalteten die Teilnehmer ein gemeinsames Friedensgebet in verschiedenen Sprachen.

Copyright (c) 2018 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 31.07.2018