Ein Zahlenmensch mit Herz

Seit Jahresanfang koordiniert David Geitner die Geschäftsführung von neun Kitas von seinem Hersbrucker Büro aus.
Bildrechte Andrea Pitsch (Hersbrucker Zeitung)

David Geitner ist seit Jahresanfang der neue Geschäftsführer für neun evangelische Kindertagesstätten im Dekanat

"Die Erzieher leisten eine so wertvolle Arbeit, gerade jetzt in Corona-Zeiten, wo sie dazu beitragen, dass die Wirtschaft am Laufen gehalten werden kann, und sie geben den Kindern Sicherheit und Struktur", findet David Geitner. Auch um sie in dieser Aufgabe noch besser unterstützen zu können, schlossen acht Kirchengemeinden einen Kita-Zweckverband mit einem Geschäftsführer – David Geitner. Er und Dekan Tobias Schäfer erklären die Hintergründe.

Wie kam es zu dieser Zweckvereinbarung?

Tobias Schäfer: Die Kitas in den Gemeinden sind seit Jahren immer größer geworden. Über die Jahre stiegen damit auch die Anforderungen in der Personalführung und dem Gebäudemanagement. Die Absprachen mit den Kommunen und Verwaltungsstellen wurden komplexer. So wurde es auch immer schwieriger für die Pfarrer und Pfarrämter, die Verwaltung professionell zu leisten. Deshalb kam bereits vor einigen Jahren die Frage auf, wie man die Kirchengemeinden entlasten könnte,damitdiePfarrermehrZeit für ihre eigentlichen Aufgaben, die Seelsorge und den Gemeinde-Aufbau, haben. Denn die Geschäftsführung eines Kindergartens ist eine hochkomplexe und zeitintensive Sache.

Heißt das, die Kitas haben keine eigene Leitung mehr?

Schäfer: Nein. Der Grundsatz bei allen Überlegungen im Vorfeld war klar: Die Kitas sind und bleiben Sache der Kirchengemeinden. Weil aber alle Kitas die gleichen Herausforderungen haben wie Mitarbeitergewinnung oder Gebäudeunterhalt, erschien eine Zweckgemeinschaft als beste Organisationsform. Das bedeutet, dass die acht Gemeinden eine Geschäftsführungsstelle gemeinsam finanzieren, es aber kein gegenseitiges Subventionieren oder Gegenrechnen der Einrichtungen untereinander gibt.

David Geitner: Um das vielleicht noch einmal klarer zu machen: Die Kirchengemeinden, also der Kirchenvorstand vor Ort, ist strategisch verantwortlich: Er besetzt die Leitung, er beschließt zum Beispiel die konzeptionelle Ausrichtung oder mögliche Erweiterungen. Meine Aufgaben liegen im operativen Bereich und betreffen die gestiegene Verwaltungsarbeit, Personalfragen und Kontakte zu Behörden, Ämtern und Kommunen.

Und diesen Schritt haben nun acht Kirchengemeinden mit neun Kitas zum Januar 2021 gewagt.

Schäfer: Genau. In die Entscheidung hat auch mit hineingespielt, dass Kindergärten in kirchengemeindlicher Trägerschaft für die Bewertung des Umfangs einer Pfarrstelle nicht mehr berücksichtigt werden soll. Nur noch wie viele Mitglieder eine Kirchengemeinde zum Stichtag hat und wie groß die Fläche der Gemeinde ist. Welche Investitionen und Schwerpunkte eine Kirchengemeinde für sich setzen will, entscheidet der Kirchenvorstand vor Ort. Die Landeskirche unterstützt aber die kirchlichen Kitas dadurch, dass sie die Schaffung von Geschäftsführerstellen finanziell und logistisch begleitet. Bei allem Sparzwang ist aber insgesamt die Entwicklung bei uns im Dekanat als ein gemeinschaftlicher Prozess von unten nach oben zu sehen. Der Wunsch nach einem Geschäftsführer wurde an mich bereits herangetragen, als ich hier im September 2019 als Dekan anfing. Jetzt konnten wir das endlich umsetzen.

Welche Kirchengemeinden sind an der Zweckvereinbarung beteiligt und wie werden Sie mit ihnen zusammenarbeiten?

Geitner: Dabei sind neben den Gemeinden Alfeld, Engelthal, Förrenbach, Hohenstadt, Pommelsbrunn, Schnaittach und Vorra auch die beiden Einrichtungen der Kirchengemeinde Happurg. Wir werden uns nach Bedarf und zu gegebener Zeit in großer oder kleiner Runde austauschen, um immer wieder miteinander "draufzuschauen", wie der eingeschlagene Weg gerade läuft. Besonders freue ich mich auf den regelmäßigen Austausch mit den Leitungen der Einrichtungen und auf ein Kennenlernen der einzelnen Kirchenvorstände, wenn es die Situation zulässt.

Ist eine Ausweitung dieser Zweckgemeinschaft denkbar?

Schäfer: Aktuell ist die Stelle als eine ganze Stelle konzipiert. Immerhin geht es um die Koordination von acht Kirchengemeinden samt Kirchenvorständen und Pfarrern sowie neun Leitungen und Elternbeiräten, die David Geitner ebenfalls inhaltlich beteiligen will. Aber weitere Kollegen sind schon sensibilisiert für das Thema. Unser Wunsch ist natürlich, dass aus dem Experiment ein Erfolgs- und Zukunftsmodell wird. Wir brauchen klare und verbesserte Strukturen auf der Verwaltungsebene in der Kirche. Vorstellbar ist es aber durchaus,noch eine halbe Stellezu schaffen für eine größere Gesamt-Zweckgemeinschaft.

Was hat Sie denn nun an der Geschäftsführung gereizt?

Geitner: Ich komme aus der Jugend- und Migrationsarbeit und habe zudem berufsbegleitend BWL studiert. Als ich die Stellenbeschreibung gelesen habe, dachte ich mir: Dieses Dreier-Gespann aus Zahlen, als Erzieher – also dem pädagogischen Blick – und dem Diakon – dadurch kann ich mich in kirchliche Strukturen und Kirchenvorstände hineindenken – passt. Außerdem habe ich die Chance, Dinge zu gestalten, neue Strukturen zu schaffen. Das ist spannend, aber auch eine riesige Herausforderung. Doch genau hier kann ich Zahlen mit Leben undd em Evangelium füllen.

Schäfer: Wir hatten wirklich eine Fülle an Bewerbern. Scheinbar ist es für viele reizvoll, Dinge entwickeln zu können. Uns hat Herrn Geitners Mischung überzeugt – auch wenn er sozusagen ein Quereinsteiger in die Welt der Kitas ist. Aber genau in diesem Arbeitsfeld braucht es die menschenzugewandte Haltung eines Diakons, gepaart mit dem Blick für Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit.

Wie liefen denn dann die ersten Wochen?

Geitner: Ich bin sehr offen und wertschätzend aufgenommen worden. Gerade arbeite ich mich fachlich ein, tausche mich viel mit den Kollegen in der Verwaltungsstelle Altdorf aus und lote Kompetenz- und Verantwortungsbereicheaus. Gemeinsamwerdenwir uns Schritt für Schritt ansehen, wo Strukturen gut sind und wo sie verändert werden müssen. Auch konnte ich bereits erste Dinge bündeln. So ist zukünftig beispielsweise beim Landratsamt nur noch ein Termin mit mir als Vertreter von neun Einrichtungen nötig statt neun einzelner Termine. Das sorgt – so hoffe ich – auch für eine verlässliche Wahrnehmung nach außen. Und das gelingt natürlich über Pflege und Aufbau von persönlichen Beziehungen. Aber Klinkenputzen bin ich von der Migrationsarbeit gewohnt.

Schäfer: Wir haben gemerkt, dass er in den Gemeinden als Netzwerker sehnsüchtig erwartet worden ist. Jetzt müssen die Kita-Leitungen kein schlechtes Gewissen mehr haben, die Pfarrer- und Kita-Ausschüsse mit ihren Anliegen zu behelligen, gerade dann, wenn mal wieder die Zeit drängt. Dafür ist jetzt David Geitner da. Das beschleunigt die Kommunikationswege schon jetzt sehr deutlich.Und dafür noch einheitliche Strukturen zu finden, gerade auch im Hinblick auf die Abläufe mit Kommunen, Behörden und Ämtern, das steht jetzt erstmal an.

Welche Ziele haben Sie?

Schäfer: Wir möchten spätestens zum neuen Kindergartenjahr verwaltungstechnisch neu aufgestellt sein. Wichtig ist dabei: Für die Eltern und Kinder ändert sich nichts. David Geitner soll in erster Linie für die Mitarbeiter und Kirchenvorstände da sein und durch seine entlastende Arbeit dafür sorgen, dass die Stimmung in den Kita-Teams noch besser wird.

Geitner: Das kann dann wiederum Mitarbeiter anlocken.Denn wir haben enormen Personalmangel im gesamten pädagogischen Bereich. Daher müssen wir als Kirche überlegen, wie wir Mitarbeiter binden können. In einem Verbund ist es leichter, passende Angebote für Interessierte schnüren zu können. Als weitere Ziele würde ich Offenheit und Transparenz nennen – gerade in der Zusammenarbeit mit den politischen Gemeinden. Ein Kindergarten ist und bleibt zunächst eine kommunale Pflichtaufgabe, keine kirchliche. Wir brauchen uns gegenseitig. Und nicht zuletzt im Hinblick auf die Einrichtungen möchte ich beispielsweise Infos von unterschiedlichen Stellen zu den aktuellen Themen in einem Newsletter für die Leitungen bündeln. Es geht darum, das Miteinander zu stärken und den Druck von den Leitungen und den Mitarbeitenden zu nehmen. Davon haben sie aufgrund von gestiegenen Ansprüchen seitens der Gesellschaft und der Eltern an die Qualität der pädagogischen Arbeit mit den Kindern schon genug. Und damit diese Arbeit in den Einrichtungen gut geleistet werden kann, will ich mich mit all meiner Kraft einsetzen.

Interview: ANDREA PITSCH

Copyright (c) 2021 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 24.02.2021