"Es ist jetzt gut, dass Schluss ist"

In den vergangenen Wochen hat Dekan Werner Thiessen fleißig Kisten für seinen Umzug gepackt.
Bildrechte Andrea Pitsch (Hersbrucker Zeitung)

Dekan Werner Thiessen wird am 24. März in den Ruhestand verabschiedet – Wegzug aus der Heimat auf Zeit

13 Jahre – das war eine Zeitspanne, die sich Dekan Werner Thiessen lange nicht vorstellen konnte. "Aber gegen Ende hin ging es immer schneller." Wenn der 65-Jährige an die sogenannte Entpflichtung durch Regionalbischof Stefan Ark Nitsche am 24. März um 15 Uhr in der Hersbrucker Stadtkirche denkt und daran, sein Amtskreuz abzulegen, dann komme schon Wehmut auf, gibt der gebürtige Treuchtlinger zu: "Ich hatte hier viele gute Jahre und Begegnungen mit aktiven Pfarrern und engagierten Kirchenvorstehern." Aber andererseits ist ihm kurz vor der Rente eines bewusst: "Es ist jetzt auch gut, dass Schluss ist" – und zwar offiziell im Mai, nach dem Abfeiern von Resturlaub und Überstunden.

Denn so schön die 13 Jahre im Dekanat auch waren, Thiessen hat sie empfunden als ein "Getriebensein durch Termine". Das habe unter anderem an der Geschäftsführung der Hersbrucker Kirchengemeinde gelegen. Bausachen oder Dinge, die den Kindergarten betreffen, werden seinen Nachfolger nicht mehr belasten, sagt Thiessen vorausschauend. Kein Wunder, dass er rückblickend meint, er hätte sich mehr Zeit für Gespräche und Begegnungen gewünscht, einen "Tag mit 36 Stunden und eine Woche mit zehn Tagen".

An seine Einführung im März 2006 erinnert sich Thiessen ebenfalls noch gut. Der Empfang sei offen, freundlich und aufgeschlossen gewesen. Thiessen merkte rasch: "Die wollen alle was." Er schmunzelt. Um "die" kennenzulernen, besuchte er alle 30 Pfarrer in rund zwei Wochen persönlich. "Ein straffes Programm." Das half ihm aber nicht nur, mit seinen Kollegen bekannter zu werden, sondern auch mit der Hersbrucker Schweiz. "Ich habe die Orte vorher gar nicht gekannt und musste alle auf der Landkarte suchen." Vieles sei ihm seitdem vertraut, ja zur Heimat geworden. Für Thiessen ist das Dekanat das Schönste Bayerns, wie er oft bei Einführungen neuer Pfarrer betonte: "Das habe ich nicht umsonst gesagt."

Geistlicher Raum

Denn nicht nur dieLandschaft sei beeindruckend, auch die vielen Menschen mit ihrem tiefen Glauben sowie deren Treue zur Mitarbeit, "das lässt mich staunen". Wenn einer 50 Jahre im Posaunenchor mitgewirkt habe, sei das ein "großer Reichtum" für eine Gemeinde, und Thiessen war bei Ehrungen stets "tief bewegt". Auch die persönlichen, unterschiedlichen Frömmigkeiten, die die Männer und Frauen "ohne Tönen nach außen einfach für sich leben", findet der Dekan toll.

Sie alle und auch die über 30 Pfarrer, die Thiessen in den vergangenen 13 Jahren im Dekanat eingeführt hat, hätten "am Reich Gottes mitgearbeitet". Sichtbar sei das natürlich nicht. "Erfolge lassen sich nicht so leicht messen", sagt er in seiner zurückhaltenden und überlegten Art.Wichtig sei ihm diesbezüglich aber immer gewesen, dass Geistlicher und Gemeinde zusammenpassen.

Dass das nun auch bei seinem Nachfolger und dem Dekanat zutreffen wird, ist er überzeugt: "Ich glaube, das wird gut." Tobias Schäfer, Pfarrer aus Sulzkirchen bei Neumarkt, kenne er über die Diakonie. Er schätzt den 44-Jährigen als eine freundliche Person mit Schwung und großer Neugierde auf die neue Aufgabe ein. Freuen könne sich Schäfer, der wohl im September eingeführt wird, laut Thiessen auf "tolle Kollegen und engagierte Mitarbeiter". Sein Tipp: Das Dekanat nicht nur als Verwaltungsgröße sehen, sondern auch als geistlichen Raum. "Ansonsten halte ich mich mit Ratschlägen zurück", betont Thiessen.

Ihm liegt am Herzen, dass Schäfer hier unbeschwert starten kann. Daher will Thiessen, nach dessen Abschied Henfenfelds Pfarrerin und stellvertretende Dekanin Kathrin Klinger die Geschäfte zwischenzeitlich übernehmen wird, nicht "hier kleben bleiben" und zieht nach Hof um. Er und seine Frau freuen sich darauf, sich "anonym im Hintergrund" in eine völlig neue Umgebung einzugewöhnen.

Braves Mitglied

Ein bisschen informiert hat sich Thiessen über das neue Zuhause, dabei Freiheitshalle, Kulturevents und Konzerte entdeckt und gleich in den Kalender eingetragen. "Das werde ich genießen." Und Angst vor Langeweile? Die hat Werner Thiessen nicht. Er will in der Rolle des braven Gemeindemitglieds die Kirche Hof kennenlernen: "Da werde ich auch beschäftigt sein."

Copyright (c) 2019 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 22.03.2019