"Ja" kommt für Kleinod zur rechten Zeit

Aufmerksam lauschten die Hersbrucker Stadträte den Ausführungen des Statikers Stefan Wolfrum (Fünfter v. links) zu den Auswirkungen der Dachschäden auf das Kircheninnere.
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Hersbrucker Stadtrat beschäftigte sich mit den Ergebnissen der Voruntersuchungen zur Sanierung der Spitalkirche – Kosten von 1,8 Millionen Euro

Für die Hersbrucker Spitalkirche scheint es fünf vor zwölf zu sein: Das stellte nicht nur Stadtrat Jürgen Amann (FRB) erschrocken bei einem Ortstermin mit dem Gesamtplaner für die Sanierung fest. Seit rund drei Jahren laufen die Voruntersuchungen, seit 2009 stehe das Thema sogar bereits im Raum, so Stadtbaumeister Lothar Grimm.

"Doch erst haben wir den Spitalkomplex und dann das Emil-Held-Haus hergerichtet. Danach brauchte die Stiftung wieder Zeit für eine Refinanzierung", rechtfertigte Grimm die lange Dauer. Trotz dieser Zeitspanne werde die Spitalstiftung, die Bauherrin bei der angestrebten Sanierung, nicht ohne Unterstützung der Stadt auskommen, machte Bürgermeister Robert Ilg klar.

Von Fäulnis zerfressene Zerrbalken
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Hat man vielleicht gar schon zu lange gewartet? Statiker Stefan Wolfrum betonte: "Wir haben keine Zeit mehr, sonst ist ein Sicherungskonzept nötig." Denn: Feuchtigkeit hat die Zerrbalken, also Auflagepunkte der drei Dächer, so zerstört, dass die Tragbalken sich teilweise abgesenkt haben und direkt auf Gesims und Gewölbeschale über dem Chor aufliegen, erläuterte er. Letztere könne aber eine solche Last nicht tragen.

Der Druck des Dachs verlagere sich auf die Außenwände und stelle diese schief, was an Rissen im Putz sowie Feuchteschäden zu sehen sei. Zudem sei der First um 30 bis 40 Zentimeter gesunken und Verbindungsbalken seien kaputt. "Marode Latten können auch Ziegel abstürzen lassen", warnte Wolfrum. Das untereKirchenschiff und das Fundament seien aber stabil.

Dennoch machte sich bei den Stadträten die Angst vor großen, unschönen Sicherungsmaßnahmen breit. "Wenn wir die Sanierung jetzt anpacken,dann wird uns das erspart bleiben", fasste Ilg zusammen. Aber: Erst müsse die Finanzierung geklärt sein. Er hofft, dass das in diesem Jahr der Fall ist, so dass 2020 mit den Maßnahmen begonnen werden kann.

Diese Queransicht der Spitalkirche zeigt in Rot die schadhaften Stellen im Dachstuhl – wie beispielsweise von Fäulnis zerfressene Zerrbalken und wie diese die Dachneigung bereits verändert haben (in Blau).
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Von oben nach unten

Und diese hat das Expertenteam aus Statiker, Restauratoren, Aufmaßexperte, Bauphysiker und Archiv- Sucher um Architekt und Gesamtplaner Hermann Keim in drei Bauphasen unterteilt. "Die kann man besser in die Haushalte einfließen lassen", meinte Keim. Rund 14 Monate veranschlagt er für die Sanierung von Dach und Fassade. "Dort sind die größten Schäden." Dann könnten die Handwerker nach innen wechseln und sich Wände und Holzwerk vornehmen. "Das macht keinen Sinn, solange Risse von oben dazukommen." Nach rund zwei bis zweieinhalb Jahren könne man zum Schluss die Konservierung und Restaurierung der Bildwerke angreifen.

Wie denn die Dachsanierung genauer aussehe, wollte Ulrike Eyrich (Grüne) wissen. "Es wird ein Notdach darübergestülpt, so dass direkt am Bauteil gearbeitet wird. Das Dach wird also nicht komplett abgetragen", gab Wolfrum einen Einblick ins Vorgehen. Die jetzige Konstruktion müsse nämlich als Baudenkmal so erhalten bleiben. "An einzelnen Stellen ziehen die Handwerker zusätzliche Tragwerke ein und erneuern die Ziegel." VieleFragen prasselten auf Keim und Wolfrum ein. Sie alle zeigten das Interesse der Räte am Erhalt der Spitalkirche. Auch mit Lob für Keim sparten die Politiker nicht. Eines war deutlich zu spüren: "Wir habe eine Verpflichtung gegenüber diesem Schmuckstück", brachte es Stephan Krimm (SPD) auf den Punkt.

Peanuts für die Kunst

Daher war kein Murren zu hören, als Keim eine Gesamtsumme von knapp 1,8 Millionen Euro veranschlagte. "Das kostet eine solide und nicht übertriebene Planung", betonte er. Alle Maßnahmen seien im Detail aufgelistet und bepreist worden, ergänzte Wolfrum. So sei Bauabschnitt eins mit knapp einer Million Euro der größte Posten. Innenraum und Kunstwerke schlagen laut der Kostenermittlung Keims mit rund 400 000 Euro beziehungsweise 115 000 Euro zu Buche.

Aber was, wenn der laufende Betrieb Überraschungen zu Tage fördere und die Kosten explodierten, überlegte Angelika Pflaum. "Die Schätzung sei so realistisch wie aktuell möglich", entgegnete Keim. Ilg warf ein, dass dann längere Pausen bei den Bauphasen möglich wären.

Guido Schmidt (SPD) und Norbert Thiel (CSU) wünschten sich ein rundes Konzept mit Blick auf eine künftige Nutzung, sprich Beleuchtung, Windfang, Tonanlage und barrierefreien Zugang. Zum Beispiel in Sachen Elektro habe Keim knapp 50 000 Euro bereits eingerechnet, was die Räte begrüßten.

Doch woher könnten die 1,8 Millionen Euro kommen? Tobias Lange vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege rechnete vor, dass der Entschädigungsfonds etwa 50 Prozent der Gesamtkosten übernehmen könne. "Hier wird der denkmalpflegerische Mehraufwand bezuschusst." Keim schlug eine Patchworkförderung vor, auch bei Fassadenprogramm und Deutscher Stiftung Denkmalschutz seien Zuwendungen zu erwarten. Peter Uschalt (CSU) regte eine Aktion in der Bürgerschaft an – ähnlich der Ziegelspende für die Altensittenbacher Thomaskirche.

Hübsch, aber wenig

Ob man die Spitalkirche während der Baumaßnahmen schließen müsse, trieb Volker Hegel (FRB) noch um. Keim riet dazu während der Dachsanierung: "Am Wochenende könne man aber offen lassen." Einschränkungen werde es auch bei der Nutzung der Empore geben. Diese halte nur noch 30 bis 40 Personen aus, so die Experten. Stadtbaumeister Grimm favorisiert diese Lösung: "So können wir das historische Bild erhalten" – statt es durch Verstärkungen am Holzbauwerk zu verschandeln.

Einstimmig sprachen sich die Räte letztlich dafür aus, die Sanierung der Spitalkirche anzugehen. Keim und Grimm sollen nun eine Zeitschiene für die Bauabschnitte erarbeiteten. "Jetzt ist es an uns, die Finanzierungsarchitektur zu entwerfen", hielt Ilg fest.

Andrea Pitsch (Hersbrucker Zeitung)


Copyright (c) 2019 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 08.04.2019