Rätselhafte Spitalkirche

Martina Knodt und Dietrich Kappler von den Spitalkirchenöffnern zeigen eine Kopie des Dokuments, das die beiden entfernten farbigen Glasfenster beschreiben und abbilden, die einmal auf der Chornordseite über ihnen eingebaut waren.
Bildrechte Andrea Pitsch (Hersbrucker Zeitung)

Einst gab es Buntglasfenster im Chor des Hersbrucker Gotteshauses – Dietrich Kappler sucht deren Spur

"Egal, wen ich von den Älteren gefragt habe, keiner kann sich erinnern", wundert sich Dietrich Kappler. Dabei müssen die Buntglasfenster im Chor der Spitalkirche auffällig gewesen sein.

Drei Stück sind laut Kapplers Recherchen eingebaut gewesen. Aufmerksam geworden ist der Spitalkirchenöffner über einen Artikel in einem Korrespondenzblatt der bayerischen Landeskirche von April 1912. Eine Kopie davon schlummerte seit 1985 in Kapplers Besitz, erzählt er.

Die Hersbrucker Bärenwirt-Familie hatte das Blatt dem Alfelder Pfarrer Seifert gegeben, der sich in seinem Ruhestand der Heimatgeschichte gewidmet hat, so Kappler. Über ihn sei das Dokument in Kapplers Besitz gelangt. Erst im Zuge seiner Forschungen zur Spitalkirche sei er wieder darauf gestoßen – und seitdem treiben ihn viele Fragen um.

Klar wird aus der Beschreibung des dritten Pfarrers Volkmar Wirth, dass die drei Buntglasfenster zwischen 1907 und 1908 im Chorraum eingebaut wurden. Gestiftet hatten sie die Brüder Christoph und Jakob Schmidt aus der Bärenwirts-Familie, die damit an ihre drei verstorbenen Ehefrauen erinnern wollten.

Die beiden nördlichen Exemplare sind sogar in Schwarzweiß abgebildet, vom dritten weiß Kappler nur, dass die Kreuzigung dargestellt gewesen sein muss. Entworfen habe die Fenster der Nürnberger Künstler Christian Bär, der auch für die Stifterfenster in der Stadtkirche verantwortlich zeichnet, erklärt Kappler.

Doch wo sind die Glasarbeiten jetzt? Kappler vermutete zunächst, dass sie ein Opfer des Dritten Reichs wurden. Mit Hilfe von Kurt Pawelke und Helmut Süß fand er jedoch heraus, dass das Landesamt für Denkmalschutz 1953 die Anweisung gegeben hat, die Fensterauszubauen,dasie nicht mehr zeitgemäß seien. So heißt es in einem Schriftstück im Stadtarchiv.

Im Zuge der Sanierung der Spitalkirche zwischen 1957 und 1963 schlug dann das letzte Stündlein der Kunstwerke: Pawelke entdeckte im Archiv einen Vermerk des damaligen Stadtbaumeisters Heinrich Fürst von 1963: "Ausbau der farbigen Fenster aus den drei seitlichen Chorfenstern, Wiedereinbau der Glasmalerei- Fenster zunächst zurückgestellt." Ersetzt wurden die Buntglasteile – wie vom Landesamt angewiesen – durch "Antikglas in Sechseckverbleiung nach vorzulegendem Muster". Die Spur der Stifterfenster verliert sich hier, sagt Kappler enttäuscht.

Lüster flog raus

Seiner Meinung nach gibt es drei Optionen: Entweder die Exemplare sind in eine andere Kirche gebracht oder irgendwo eingelagert oder gar zerstört worden. Bislang konnte er sie weder im Depot des Hirtenmuseums – "dort lagert seit 1963 ein gläserner venezianischer Lüster aus der Kirche" – noch in dem des Germanischen Nationalmuseums oder des Landesamts für Denkmalpflege ausfindig machen. Ein Hoffnungsschimmer für Kappler war, als er erfuhr, dass die Nürnberger Glaserei Ehrhardt den Ausbauvorgenommenhatte:"Aber die gibt es nicht mehr." Eine Anfrage bei einer Forschungsabteilung zu mittelalterlichen Fenstern der Uni Freiburg laufe.

Fotos und Erinnerungen

Doch vielleicht müsse man ja gar nicht in die Ferne schweifen, denkt Kappler. Er sucht daher hier jemanden, der sich an die farbigen Fenster erinnern kann, möglicherweise Fotos von ihnen hat oder gar weiß, was mit ihnen geschehen ist. Ein anderer Ansatzpunkt für Kappler wäre die Stifterfamilie: "Die selbst ist ausgestorben, aber gibt es Nachkommen aus einer Seitenlinie?" Und noch eine Frage bleibt für Kappler offen und spannend: "Wann sind die letzten Spitalbewohner ausgezogen?" Bis 1970 seien für diese noch Mittel im Haushalt der Spitalkirche eingestellt gewesen, hat er nachgelesen.

Diese beiden Motive zierten die Stifterfenster.
Bildrechte Andrea Pitsch (Hersbrucker Zeitung)

Über eine Finanzspritze darf sich übrigens das Gotteshaus aktuell freuen. Eine Dame, die anonym bleiben will, so Kappler, habe anstatt Geschenken zum Geburtstag um Spenden für den Erhalt des Bauwerks gebeten. 650 Euro gingen auf das Konto der Stadtkirchengemeinde ein, die verwendet werden, wenn die Innenrestaurierung beginnt."Es wäreschön,wenn noch viele ihr Herz für dieses Schmuckstück in der Stadt öffnen", hofft Kappler.

Wer in Sachen Buntglasfenster weiterhelfen kann, wendet sich ans Pfarramt der Stadtkirche.

Copyright (c) 2019 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 17.09.2019