Wenn ein Bier nicht reicht

Susanne Drese berät bei verschiedenen Suchtfällen.
Bildrechte Iris Lederer (Hersbrucker Zeitung)
Suchtberatungsstelle der Diakonie: Beschränkungen durch Corona verstärkten Abhängigkeiten

"Kontaktbeschränkungen, Kurzarbeit, erhöhte Belastungen auf engem Wohnraum, wirtschaftliche Sorgen – das führt zu einer Zunahme beziehungsweise Verstärkung von Angststörungen, Depressionen und Abhängigkeitserkrankungen", sagt Susanne Drese von der Suchtberatungsstelle in Hersbruck. Corona habe die Möglichkeiten, Ressourcen zum Umgang mit Belastungen zu nutzen, gestoppt. Egal ob Sport im Verein oder Fitnesscenter oder das Treffen mit Freunden – all das war nicht mehr möglich, und so wurden Probleme teilweise mit Alkohol "behandelt", sprich verdrängt.

Studien zeigten, dass die Tendenz, zuhause Alkohol zu konsumieren, bei einem Drittel der Bevölkerung angestiegen ist. Das heißt, aus einem Feierabendbier wurden zwei oder drei. Wer allerdings regelmäßig größere Mengen Alkohol konsumiert, laufe Gefahr, an einer Abhängigkeit zu erkranken. "Ein risikoarmer Konsum sind bei Männern zirka 0,5 Liter Bier, maximal an fünf Tagen in der Woche, und bei Frauen zirka 0,25 Liter Bier an maximal fünf Tagen pro Woche", erklärt Drese.

Schleichende Entwicklung

Eine Abhängigkeit entwickle sich schleichend. Der Körper toleriere immer mehr Alkohol, dadurch benötige man immer mehr, um den gewünschten Effekt des Vergessens, Verdrängens zu erreichen.

Unsere Gesellschaft sei zu wenig über schädliche Mengen und den risikoarmen Konsum von Alkohol aufgeklärt. Das Konsumieren großer Mengen werde oft verharmlost und gelte "als normal", doch Abhängige würden an den Rand gestellt und ausgegrenzt. "Darum ist Aufklärung über dieses Thema so wichtig", sagt Drese.

Oft kämen in die Suchtberatungsstelle auch Angehörige, die Hilfe suchten im Umgang mit einem Partner, um den sie sich wegen des Alkoholkonsums Sorgen machten. Sie befänden sich oft in einer Co-Abhängigkeit und würden in der Beratung dabei unterstützt, wieder ein zufriedeneres Leben zu führen und sich besser abzugrenzen. Viele Menschen kämen aus eigenem Leidensdruck, manche würden vom Jobcenter oder Arbeitgeber geschickt, hätten gerichtliche Auflagen oder wollten ihre Fahrerlaubnis wiedererlangen.

Neben Alkohol seien auch Drogen, Glücksspiel oder Esssucht Abhängigkeiten, die viele Menschen beträfen. "Zu uns kommen Menschen jeden Alters, mit jedem Hintergrund und aus den vielfältigsten Beweggründen. Mit jedem suchen wir einen individuellen Weg und erarbeiten indi- viduelle Ziele." Wie könnte ein Appell für den "richtigen" Umgang mit Alkohol lauten? "Nicht trinken, wenn es mir schlecht geht und nicht trinken, um leichter mit Schwierigkeiten umzugehen", so Drese. "Und sich nicht scheuen, Hilfe zu suchen. Wir sind vorurteilsfrei für jeden da."

Kontakt zur Suchtberatungsstelle entweder über Mail: suchtberatung@diakonie-ahn.de, oder Telefon: 09151/9087676.

Copyright (c) 2021 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 29.09.2021