Sehnsucht nach dem Weihnachtsgefühl

Viele Gärten und Fenster – wie hier in Reichenschwand – sind mit Lichtern geschmückt: Symbol der Hoffnung und eine Tradition, die Weihnachten sichtbar werden lässt und Normalität vermittelt.
Bildrechte Andrea Pitsch (Hersbrucker Zeitung)

Traditionen im Advent geben Sicherheit und Normalität in der Corona-Zeit – Neuer Schwung für Weihnachtsgottesdienste

Schon viele Tage vor dem ersten Advent leuchten die ersten Lichter – gefühlt früher und mehr als sonst. "Ich glaube, da steckt eine große Sehnsucht dahinter, dass wir es uns wie vor der Pandemie schön machen wollen", überlegt Tobias Schäfer laut.

Der Dekan hat den Eindruck, dass es den Menschen gerade in der Corona-Zeit wichtiger geworden ist, Weihnachten sichtbarer zu machen. "Ich sehe viel mehr Herrnhuter Sterne.“ Sind da wirklich auch mehr oder meint er das nur? "Es kann auch sein, dass man jetzt aufmerksamer und empfänglicher für die Lichter ist, weil man sich dieses wohlige Weihnachtsgefühl wünscht."

Er denkt dennoch, dass das Schmücken in der Adventszeit einen neuen Stellenwert bekommen hat. "Wir wollen über äußere Traditionen ein gewohntes Fest bereiten, wohl wissend, dass es wieder anders werden wird." Das Schöne daran sei, so Schäfer, dass dadurch alte Bräuche wieder belebt würden. "Der Kirchbauverein hat den Impuls gegeben, dass wir in der Heiligen Nacht Kerzen in die Fenster stellen."

Auch bei seinen Pfarrer-Kollegen herrsche der Wunsch vor, "wieder das alte Programm anzubieten", erzählt Schäfer. Selbst die jungen Leute im Hersbrucker Kirchenvorstand wären gegen digitale Gottesdienste gewesen, verrät Schäfer. Und die Tatsache, dass die Gotteshäuser in der Adventszeit voller als vergangenes Jahr sind, gibt ihnen Recht. "Die Menschen haben Sehnsucht nach Normalität." Er kann sich daher vorstellen, dass die Weihnachtsgottesdienste sogar besser besucht sein werden als 2020.

Trotz unterschiedlicher Zugangsvoraussetzungen. "Von 'ohne Einlasskontrolle und mit Abstand' bis 2G ist alles dabei." Das richte sich nach Gemeinde und Räumlichkeiten, begründet er. Aufgrund dieser unterschiedlichen Voraussetzungen könne das Dekanat bei der Frage, wie es sich zur Mehrklassengesellschaft stelle, nicht mit einer Stimme sprechen: "Der Schutz der Bevölkerung ist wichtig, aber zugleich wollen wir niemanden ausschließen", betont der Dekan.

Mehr als ein Lied

Dekanatsweit finde sich für jeden das Passende, ist er überzeugt. In Hersbruck hätten sich zum Beispiel die Außenandachten – in diesem Jahr werden es drei sein – bewährt. "Wir wurden schon gefragt, ob wir das wieder im Schlosshof machen, weil es so schön war." Etwas Neues und dazu Tradition in Form von "O du fröhliche", das scheine das Richtige zu sein.

Überhaupt falle der Kirchenmusik gerade jetzt eine große Bedeutung zu, meint Schäfer: "Wenn man miteinander ein Weihnachtslied singt oder zusammen eine Kerze in der Dunkelheit anzündet, dann ist das für viele Weihnachten kompakt." Ihm ist aufgefallen, dass es "die kleinen Dinge" sind, die die Menschen durch Corona zu schätzen gelernt hätten. "Wir kommen mit wenig zurecht, wenn die Emotionen getroffen sind, wenn wir Sicherheit, Tradition und eine frohe Botschaft verspüren."

Doch Schäfer ist sich auch bewusst, dass Weihnachten jetzt zugleich ein Dilemma ist. Die Feier für diejenigen, die allein sind, fällt aus. "Zu Großveranstaltungen in die Kirche gehen viele nicht, weil dann das Alleinsein daheim noch erdrückender ist."

Und auch die Pfarrer selbst stehen vor einer theologischen Herausforderung. "Das Bild von der heilen Weihnachtswelt ist angesichts von Corona viel schwerer zu vermitteln", gibt er zu. Dabei sei das Fest zu Christi Geburt gerade jetzt wichtig: "Es ist ein Hoffnungszeichen für das Licht in der Dunkelheit, mit der wir wohl leben müssen." Danach sehne sich jeder.

Copyright (c) 2021 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 20.12.2021