Ziel: "Mich überflüssig machen"

Sabine Kerschbaumer von der Diakonie Hersbruck berät erwachsene Migranten.
Bildrechte Iris Lederer (Hersbrucker Zeitung)

Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer in Hersbruck verzeichnet weiter hohe Beratungszahlen

Jedes Jahr informiert die Diakonie über ihre Tätigkeit in diesem wichtigen Bereich. Die Bundesarbeitsgemeinschaft fordert "eine Entlastung der Beratungsstellen und eine Aufstockung des MBE-Haushalts zur Sicherstellung hoher Qualitätsstandards, damit weiterhin ein qualitativ hochwertiges Beratungsangebot gewährleistet wird."

"Als ich 2006 anfing, waren es hauptsächlich Menschen aus der Türkei und dem Kosovo, die kamen", berichtet Sabine Kerschbaumer. Heute habe sich das geändert. "Derzeit betreue ich 80 Fälle, mit den Familienmitgliedern sind das 207 Personen." Dabei stammen 36 "Fälle" aus Syrien, elf aus dem Irak. Danach folgen Menschen aus der Türkei, dem Kosovo, Rumänien und Indien. Wer zu Kerschbaumer kommt, hat das Asylverfahren bereits durchlaufen und einen Aufenthaltsstatus oder kommt aus einem EU-Land, das heißt ohne Asylverfahren.

Sie leistet Hilfe zur Selbsthilfe, denn das Ziel ihrer Beratung ist es, "mich überflüssig zu machen". Sie unterstützt bei Anträgen zu Wohngeld, Kindergeld, Pflegegeld, Wohnungssuche, Terminen mit dem Jobcenter, Vorsorge- und Impfterminen, der Kommunikation mit und Beratung zu Kitas und Schulen. Die Bandbreite der Klienten ist dabei groß. Sowohl Akademiker als auch Analphabeten gehören dazu und für alle gilt es, die passenden Schritte mit ihnen zu gehen.

Der Bedarf sei insgesamt viel intensiver geworden, beispielsweise kommen bei subsidiärem Schutz (ihn erhalten Personen, denen im Rahmen des Asylverfahrens weder der Flüchtlingsschutz noch die Asylberechtigung zuerkannt wurde, denen im Herkunftsland aber ein ernsthafter Schaden droht) Fragen wie der Familiennachzug auf, die geklärt werden müssen. Kerschbaumer hat viele "Erfolgserlebnisse" in ihrem Bereich. Menschen, die beispielsweise erst in Minijobs und später in Vollzeitjobs kommen und ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten, eine Frau aus dem Kosovo, die neben dem Haushalt und Homeschooling von Zwillingen sich als Buchhalterin fortbildete und jetzt in einem Steuerbüro arbeitet.

"Corona hat auch die Menschen, die zu mir kommen, sehr verunsichert und verängstigt, so wie uns alle", berichtet Kerschbaumer. Die MBE war dabei nie geschlossen, sondern auch in Pandemiezeiten immer für die Menschen da. Mit Telefonaten, einem Übergabetisch im Empfangsbereich der Diakonie und E-Mails habe es jedoch gut geklappt, niemanden "zu verlieren" und den Kontakt zu halten. Auch kurze Gespräche am Eingang, mit Maske und Abstand, hätten geholfen. Einige Menschen seien sogar selbstständiger geworden, füllten Anträge mit telefonischer Unterstützung selbst aus und trauten sich mehr zu.

Ihr Wunsch für die Zukunft? Ein Bewusstsein bei Politik und Gesellschaft für "die wichtige und intensive Aufgabe, die hier durchgeführt wird und die mit finanziellen Mitteln entsprechend auch langfristig gut ausgestattet sein muss" – und natürlich keine Pandemie mehr.

Copyright (c) 2021 Verlag Nürnberger Presse, Ausgabe 22.09.2021